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Landesweite Proteste in Serbien fordern Neuwahlen

Tausende Menschen haben am gestrigen Abend in Serbien für vorgezogene Parlamentswahlen demonstriert. Unter dem Motto „Erhebe dich, Serbien!“ versammelten sich Bürgerinnen und Bürger in Belgrad, Novi Sad, Niš, Kraljevo sowie in mehr als 25 weiteren Städten des Landes. Der Nachrichtensender N1 berichtete von den umfangreichen Protestaktionen, die ein starkes Zeichen der Unzufriedenheit mit der aktuellen politischen Lage darstellen.

Protestaufrufe und zentrale Forderungen

Um 20.00 Uhr verlasen Studentinnen und Studenten bei allen Kundgebungen einen einheitlichen Text, in dem die geforderte Neuwahl als entscheidender Wendepunkt für Serbien bezeichnet wurde. Diese Aktionen sind Teil einer anhaltenden Protestwelle, die seit mehr als einem halben Jahr das Balkan-Land prägt. Die Welle wurde ursprünglich durch den tragischen Einsturz eines frisch renovierten Bahnhofsvordachs in Novi Sad am 1. November des vergangenen Jahres ausgelöst, bei dem 16 Menschen ihr Leben verloren. Unabhängige Experten sowie Oppositionsvertreter machen für diese Katastrophe Schlamperei und Korruption verantwortlich, die unter dem teils autoritär herrschenden Präsidenten Aleksandar Vučić florieren.

Seit Mitte November wird die Protestbewegung maßgeblich von Studentinnen und Studenten getragen, die nahezu alle Universitäten des Landes besetzt haben. Sie rufen immer wieder zu Demonstrationen und Straßenblockaden auf. Mit der Zeit haben sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten den Protesten angeschlossen, was die Reichweite und den Druck auf die Regierung erhöht.

Politische Situation und Reaktionen der Regierung

Präsident Aleksandar Vučić bestimmt seit 2012 in wechselnden Funktionen die Geschicke Serbiens. Unter seiner Führung hat er die Kontrolle über Medien, Justiz und Polizei ausgebaut. Berichten zufolge sollen Schlägertrupps, die der Regierungspartei SNS zugerechnet werden, Oppositionelle attackiert und Kritiker eingeschüchtert haben. Diese repressiven Maßnahmen tragen zur wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung bei. Während die Studentenbewegung eine zeitnahe Neuwahl fordert, hat Vučić bislang lediglich eine Wahl innerhalb von anderthalb Jahren in Aussicht gestellt. Die Diskrepanz zwischen den Forderungen der Protestierenden und den Angeboten der Regierung könnte die Spannungen im Land weiter verstärken und die Protestbewegung anheizen, wenn sich die politischen Verhältnisse nicht ändern.

Quelle: https://orf.at/stories/3395541/